Woche der Gerechtigkeit – Veranstaltung am 5. September 2024 für Schülerinnen und Schüler in der Gedenkstätte in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel zum Thema Strafverfolgung, Justiz und Strafvollzug
Gemeinsame Informationsveranstaltung von Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig und Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel mit der Gedenkstätte bei der Justizvollzugsanstalt in Wolfenbüttel
„Kann ein Strafurteil Gerechtigkeit schaffen? Auf welcher gesetzlichen Grundlage straft der Staat? Was sind anerkannte Strafzwecke? Wie läuft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren und wie ein
gerichtliches Strafverfahren? Wie arbeitet man heute in einem Gefängnis? Und wie war es früher?“
Für die Beantwortung dieser und anderer Fragen im Zusammenhang mit Strafverfolgung, Justiz und Strafvollzug trafen sich am 5. September 2024 im Rahmen der auf Initiative der Niedersächsischen Justizministerin landesweit stattfindenden Woche der Gerechtigkeit Vertreterinnen von Strafverfolgungsbehörden und des Strafvollzuges mit rund 25 interessierten Schülerinnen und Schülern einer 11. Klasse des Braunschweiger Gymnasiums Neue Oberschule, ihrem Lehrer, Dr. Gustav Partington, und weiteren pädagogischen Mitarbeitenden in der Gedenkstätte bei der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel.
Die Schülerinnen und Schüler konnten sich im Dokumentationszentrum der Gedenkstätte, die auch eine Dauerausstellung zur NS-Justiz beherbergt, multimedial über die Geschichte von Strafjustiz und Strafvollzug unter dem Motto „früher und heute“ informieren und gedanklich die Brücke schlagen zu der Frage, wie im Gegensatz zu jener Zeit heute Strafjustiz arbeitet und moderner Strafvollzug ausgestaltet ist.
Nach Begrüßung durch die stellvertretende Anstaltsleiterin der JVA Wolfenbüttel, Dr. Tanja Köhler, erläuterten Staatsanwältin Christine Müller, Staatsanwaltschaft Braunschweig, und Oberstaatsanwältin Serena Stamer von der Generalstaatsanwaltschaft in einem ersten Teil der Veranstaltung die rechtlichen Grundlagen des Strafverfahrens und die Arbeit der Strafjustiz aus ihrer täglichen Erfahrung. Sie hatten dabei Fallbeispiele „im Gepäck“, die die Jugendlichen besonders interessierten, etwa zu Straftaten mit digitalem Bezug, z.B. wie Cybergrooming, einer gezielten Belästigung Minderjähriger im Internet, oder Hasskriminalität im Netz. Eine lebhafte Diskussion entstand auch um „Mobbingfälle“ in der Schule und die Rolle derer, die dabeistehen, ohne einzugreifen. Dabei wurden hinsichtlich möglicher strafrechtlicher Folgen auch die Unterschiede zwischen Jugend- und Erwachsenenstrafrecht beleuchtet.
Viele Unterschiede und einige der sichtbarsten sind in der Gedenkstätte hautnah erfahrbar: Früher, gerade in der Zeit des Nationalsozialismus, gab es willkürliche Strafverfolgung und eklatante Unrechtsurteile. 700 Todesurteile wurden zwischen 1937 und 1945 allein im Strafgefängnis Wolfenbüttel vollstreckt. Heute sind Ermittlungs- und Strafverfahren auf dem Grundgesetz fußend so ausgestaltet, dass Grundrechte des einzelnen und Verfahrensgarantien bestehen, unabhängige Gerichte die Urteile fällen und Staatsanwaltschaften als objektive Ermittlungs- und Anklagebehörden belastende und gleichermaßen entlastende Umstände zu ermitteln und vor Gericht zur Geltung zu bringen haben.
Die Filmdokumentation „Eine Frau im Männerknast“ (NDR) über die Arbeit von Katja Lehmköster in der JVA Wolfenbüttel und die sich anschließende Diskussion, an der sich ihr Kollege Dirk Duscha und der Gefängnisseelsorger Markus Gablonska beteiligten, machten deutlich: Der Resozialisierungsauftrag ist wichtig. Menschen können sich ändern, wenn sie dafür eine Chance bekommen und ein respektvoller Umgang im Miteinander gepflegt wird. Art. 1 GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar! wurde sodann sichtbar auf Würdetafeln, die Gefangene der JVA Wolfenbüttel im Rahmen ihrer Arbeit im Strafvollzug gefertigt hatten und die die Schülerinnen und Schüler sich zur Erinnerung an einen eindrucksvollen Tag mitnehmen durften. Grundgesetz-Worte in Holz gebrannt. Anschaulich gemacht, dass die Würde der Grund dafür ist, dass der Mensch bereuen und den Weg aus der Straffälligkeit in die Gesellschaft zurückfinden kann.
Der Sinn für Gerechtigkeit hat die Beteiligten zusammengeführt. Die Veranstaltung zur Woche der Gerechtigkeit zeigt, wie sehr sich Menschen für einen Blick hinter die Kulissen der Justiz interessieren. Wir freuen uns, wenn wir gerade junge Menschen nicht nur informieren, sondern auch für die Berufe in der Justiz begeistern und qualifizierten Nachwuchs gewinnen können.
Herzlichen Dank allen Beteiligten für dieses gemeinsame Engagement!